Notleidende Kinder
Projektbeschreibung zum Kooperationsvertrag zwischen der Karl-Hans Efinger Stiftung, Trossingen und dem Pestalozzi Kinder- und Jugenddorf Wahlwies e.V.
Musik- und Reittherapie im Pestalozzi Kinder und Jugenddorf
Das Pestalozzi Kinder- und Jugenddorf in Stockach-Wahlwies ist eine Jugendhilfeeinrichtung mit Betreuung in Kinderdorffamilien. Ein umfassendes Therapieangebot, eine Förderschule, ein Berufsvorbereitungsprogramm und neun Ausbildungszweckbetriebe gehören ebenso zum Pestalozzi Kinderdorf wie das ReFugium, in dem wir unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) aufnehmen, die im Landkreis Konstanz ankommen. Als anerkannter Reha-Träger der Agentur für Arbeit bieten wir darüber hinaus 50 jungen Menschen aus dem Landkreis Konstanz eine Berufsausbildung. Insgesamt betreuen wir etwa 250 Kinder und Jugendliche voll- und teilstationär.
Das Therapeutikum des Pestalozzi Kinder- und Jugenddorfs bietet für Kinder und Jugendliche, die sich in einer krisenhaften Lebens- und Entwicklungsphase befinden und unter erheblichen seelischen Defiziten leiden, therapeutische Hilfen zur Unterstützung und Begleitung an. Je nach Indikation werden folgende Therapien angeboten: Kunst-, Musik- und Sprachtherapie, Heileurythmie, Werktherapie, Heilpädagogisches Reiten und die psychologischen Therapien. Allen Therapien ist gemeinsam, dass sie den Mensch als Körper-Seele-Geist-Gesamtheit vor dem Hintergrund seines aktuellen und biographischen Kontextes sehen. Eine tragende therapeutische Beziehung, der Einsatz altersgemäß wirksamer Medien und die Vermittlung neuer und alternativer Erfahrungen sind dabei entscheidende Elemente aller Therapien.
Sämtliche Therapien werden weder durch die Jugendämter, noch von Krankenkassen finanziert. Daher sind wir auf die Unterstützung unser Spenderinnen und Spender sowie andere Zuschüsse angewiesen, um dieses notwendige Angebot für Kinder und Jugendlichen aufrecht zu erhalten.
Die Arbeit des Therapeutikums
Mit der Unterstützung der Karl-Hans-Efinger Stiftung wird die Arbeit unseres Therapeutikums ausgebaut.
Zu diesem Zweck wird soll ein/e neue/r Therapeut/in mit einem Stellenumfang von 100% die Arbeit aufnehmen. Des Weiteren möchten wird mehr Kindern die Chance auf einen Therapieplatz in der Reittherapie ermöglichten, hierfür wird ein neues Therapiepferd benötigt.
Teilprojekt I – Aufstockung des Therapieangebots
Musik kann Freude und Leichtigkeit wecken. Durch ihr Mitwirken in der Musiktherapie werden die Kinder und Jugendlichen angeregt, Stimmungen und Gefühle jenseits der Sprache zu kommunizieren. Dadurch kann eine tiefgreifende therapeutische Arbeit an Themen, die von Kindern oft sprachlich nicht erfasst werden können, stattfinden. Die Therapieform Musiktherapie dient somit der Wiederherstellung, Erhaltung und Förderung psychischer, physischer und seelischer Gesundheit.
Mit dem Ausbau der Musiktherapie verfolgen wir die folgenden Ziele:
- Soziale und kommunikative Fähigkeiten durch Zusammen- und Wechselspiel, gegenseitiges Zuhören oder Gestalten von Liedern erarbeiten.
- Körperwahrnehmung durch die Anwendung akustischer Instrumente, Gesang und Atmung stärken.
- Selbstwirksamkeit im musikalischen Geschehen erfahren und erleben.
- Wirkung des eigenen Verhaltens auf sich und andere im Rahmen der musikalischen Interaktion erfahren.
Teilprojekt II – Ein neues Therapiepferd
Die Reittherapie des Pestalozzi Kinder- und Jugenddorfs Wahlwies ist ein viel genutztes
Im April dieses Jahres ist unser ältestes Therapiepferd mit 26 Jahren leider gestorben. Der nun älteste Wallach der Gruppe, ein deutsches Reitpony namens Quincy, darf mit seinen 24 Jahren zum Herbst seinen Ruhestand antreten, er hat mehr als 10 Jahre im Kinderdorf gearbeitet und zeigt mittlerweile deutlich, dass er nur noch die ganz kleinen Kinder tragen kann.
Somit verbleiben für den Therapiebetrieb ab Herbst nur zwei Pferde:
Bobby, ein Tinker mit 12 Jahren wird von allen Kindern geliebt, ist ein verlässliches Reit- und Therapiepferd und Carlo, unser 14jähriger Warmblutwallach, der nur für die größeren Kinder uneingeschränkt einsetzbar ist.
Wir wünschen uns, den Kindern im Kinderdorf weiterhin im derzeitigen Umfang die Reittherapie zur Verfügung stellen zu können. Deshalb benötigen wir ein neues Therapiepferd.
Mit dem Ausbau der Reittherapie verfolgen wir die folgenden Ziele:
- Angebot des Therapeutikums. Derzeit besuchen 15 Kinder wöchentlich die Reittherapie, erhalten Einzel- und Gruppenstunden und profitieren sehr stark von dem geschützten Rahmen unseres Therapiestalls mit der großen Reithalle und der wunderschönen umliegenden Natur. Zurzeit umfasst unsere Pferdeherde drei Tiere.
- Die Entwicklung junger Menschen zu fördern, zum Beispiel durch die Stärkung des Selbstbewusstseins und der Selbstwirksamkeit. Im Kontakt mit dem Pferd lernt das Kind sich selbst bewusst wahrzunehmen und die Wirksamkeit des eigenen Verhaltens zu erleben.
- Die Beziehungsfähigkeit verbessern. Es geht darum, das Pferd und sich selbst wahrzunehmen, Kontakt herzustellen, zu reagieren, zu kommunizieren und sich und das Tier richtig einzuschätzen.
- Sowohl das Reiten als auch das Pflegen des Pferdes kann dazu beitragen, das Verantwortungsbewusstsein der Kinder zu stärken, Ängste zu überwinden und die Frustrationstoleranz zu erhöhen.
- Das „Getragen-Werden“ verbessert Körperwahrnehmung und Balancefähigkeit. Atmung, Körperspannung und -entspannung sowie der Bewegungsrhythmus des Reiters werden vom Pferd widergespiegelt. Fähigkeiten im fein- und grobmotorischen Bereich werden gestärkt.
- In der Reittherapie werden auch die sozialen Fähigkeiten verbessert. Die Kinder können in der Gruppentherapie lernen, gegenseitig auf sich Acht zu geben, ein Gruppengefühl zu erarbeiten und mit den Schwächen und Stärken der anderen Gruppenteilnehmer umzugehen, um beispielsweise in einem Reiterspiel ein Ziel gemeinsam zu erreichen.
Familienanaloge Betreuung nach dem Prinzip der Erziehung von „Kopf, Herz und Hand“ – ein Erfolgsmodell seit 1947
Deutschlands ältestes Kinderdorf legt bis heute großen Wert auf Bindungspädagogik, die sich in der familienanalogen Betreuung manifestiert. Konkret heißt dies: ein pädagogisch qualifiziertes (Ehe-)Paar übernimmt gemeinsam als „Hausleitung“ die Verantwortung für eine Familiengruppe aus bis zu sechs betreuten und den leiblichen Kindern. In insgesamt 24 Hausfamilien (Außenwohngruppen mit kleinerer Belegung mitgerechnet) können wir derzeit 124 vollstationäre Plätze anbieten. Wir orientieren uns am Prinzip der „Erziehung von Kopf, Herz und Hand“ des Schweizer Pädagogen Johann Heinrich Pestalozzi.
Herz
Kinder brauchen klare, tragfähige und lebenspraktische Beziehungsstrukturen. Zentrales Element der Arbeit ist deshalb das Leben der Kinder in unseren Kinderdorffamilien. Hier finden sie in einem überschaubaren Rahmen die Geborgenheit, Sicherheit und Wärme, die der Mensch vor allem anderen braucht. Das Kinderdorf mit seinen umfangreichen pädagogischen, therapeutischen und beruflichen Angeboten eröffnet den Kindern und Jugendlichen einen Zugang zu früheren, oft verschütteten Erfahrungen, im negativen wie im positiven Sinn.
Darin liegt ein wichtiger Schlüssel für eine gesundende Entwicklung.
Der Kopf
Unter dem Dach der Dr. Erich-Fischer-Schule sind zwei Schultypen zu Hause: das Sonderpädgogische Bildungs- und Beratungszentrum mit dem Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung (SBBZ ESE) mit den Bildungsgängen Grund-, Haupt- und Förderschule und die Einjährige Sonderberufsfachschule.
Die Hand
Eine solide Berufsausbildung ist der Schlüssel zu einem selbständigen Leben. Die handwerklichen und landwirtschaftlichen Betriebe produzieren zudem hochwertige Demeter-Lebensmittel und unterstützen mit ihrem Dienstleistungsangebot die Mitarbeiter des Bereichs Pädagogik in ihren täglichen Aufgaben. So verbinden wir die Eigenversorgung und Marktnähe sowie den finanziellen Ertrag durch externe Aufträge mit einer qualifizierten Ausbildung für Jugendliche und junge Erwachsene.